Erträge aus Transaktionen ohne direkten Leistungsaustausch (Abgaben und Transfers)
IPSAS 23 regelt Ansatz und Bewertung von Erträgen aus Transaktionen ohne direkten Leistungsaustausch. Dazu gehören beispielsweise Abgaben und Zölle, Transferzahlungen, Strafen, Geschenke und Erbschaften. Abgaben und andere Transfers sind die Haupteinnahmequelle für die meisten öffentlichen Institutionen (Bund, Länder, Städte, Gemeinden). Dabei folgt IPSAS 23 den Vorgaben der IPSAS Standards, in diesem Fall besonders IPSAS 9 – Erträge aus direktem Leistungsaustausch.
Zahlungseingänge ohne direkten Leistungsaustausch können an Bedingungen geknüpft sein oder Einschränkungen unterliegen.
Eine Bedingung [7] regelt die spezifische Verwendung eines zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens bei einem/r Transferempfänger/in. Bei Nicht-Einhaltung einer Bedingung ist die Transferleistung an den/die ursprüngliche/n Sender/in zurückzuvergüten. [15, 17]
Eine Einschränkung [7] limitiert die Verwendung eines zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens bei einem/r Transferempfänger/in. Es kommt jedoch bei Nicht-Einhaltung nicht zu einer Rückvergütung. [15] Einschränkungen können gerichtlich durchgesetzt werden, bei Nicht-Einhaltung fallen beispielsweise Strafzahlungen an. [19]
Die Einordnung von Bedingungen oder Einschränkungen erfolgt primär nach dem wirtschaftlichen Gehalt anstelle der bloßen rechtlichen Form. [20, 21]
So sind zum Beispiel EU-Mittel aus Forschungs- und Technologietransfers zweckgebunden. Werden die bereitgestellten EU-Mittel vom Empfänger nicht bzw. nicht in voller Höhe verausgabt, sind sie unverzüglich wieder zurück zu zahlen.[2] Die Zahlung der EU-Mittel an den Empfänger wird von der EU wie eine Zahlung eines Vorschusses bewertet. Der Vorschuss wird an einen Empfänger (Begünstigten) zur Durchführung eines Projekts verteilt. Im Rahmen der Periodenabrechnung werden Vorfinanzierungen als Aktiva verbucht, da es sich nicht um eine endgültige Ausgabe handelt. Als endgültige Ausgabe wird der Vorschuss erst anerkannt, wenn die betreffenden Vertragsbedingungen erfüllt sind.[3] Das heißt, dass EU-Mittel von der EU selbst (Sender) zuerst als Forderung - kurzfristige bzw. langfristige Vorfinanzierungen – eingestellt werden. Für die Behandlung der EU-Mittel aus Empfängersicht ist also eine Verbuchung unter Verbindlichkeiten – erhaltene Anzahlungen – zwingend erforderlich, bis die Vertragsbedingungen erfüllt sind.
IPSAS 23 verlangt, bei Transaktionen ohne Gegenleistung eine Bewertung zum fair value.
Vermögenswerte werden dann erfasst, wenn
Verlässlichkeit in Bezug auf: [IPSAS 3 [12]] ist:
In der Regel werden Forderungen oder aber auch liquide Mittel als Vermögenswerte erfasst. Überwiegend wahrscheinlich ist ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen dann, wenn eine Regierung ein Transfer an eine öffentliche Einheit zugestimmt hat, es eine bindende gesetzliche oder vertragliche Vereinbarung gibt oder in der Vergangenheit wiederholt solche Transfers unter gleichen Bedingungen stattgefunden haben.
Die Bewertung erfolgt zum fair value (beizulegender Zeitwert) zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung. [42]
Werden zwar die Eigenschaften eines Vermögenswertes erfüllt, jedoch nicht die Ansatzkriterien, so wird eine Eventualverbindlichkeit im Anhang dargestellt. [36]
Erträge aus Transaktionen ohne Leistungsaustausch werden dann erfasst, wenn auch die dazugehörigen Vermögenswerte (Forderungen, liquide Mittel) erfasst werden. [44]
Der Wert der Erträge entspricht dem Wertzuwachs an dem zugehörigen Vermögenswert. [48]
Verpflichtungen (Rückstellungen oder Verbindlichkeiten) aus Transaktionen ohne Leistungsaustausch werden dann erfasst, wenn
Transferleistungen mit Bedingungen werden solange als Verpflichtungen (erhaltene Anzahlungen) erfasst, bis die Bedingungen erfüllt sind und eine Rückzahlung ausgeschlossen werden kann. Sobald die Bedingungen erfüllt sind, werden Erträge erfasst und die Verpflichtungen aufgelöst.
Abgaben werden auf der Basis souveräner Machtausübung auf natürliche und juristische Personen oder Sachen erhoben. Abgaben sind die Hauptertragsquelle für öffentliche Einheiten. Nicht zu den Abgaben zählen Gebühren und Strafen. [26]
Charakteristisch für Abgaben ist, dass gesetzliche Regelungen darüber getroffen werden, wer Abgaben einheben darf, wie die Bemessungsgrundlage zu ermitteln ist und wann Abgaben zu leisten sind. [27]
Abgaben können auch als Vorauszahlungen vor dem steuerbaren Ereignis geleistet werden. [28]
Abgaben werden nach IPSAS 23 erfasst, wenn
Verlässlichkeit in Bezug auf: [IPSAS 3 [12]] ist:
Abgaben sind keine Gesellschafterzuschüsse, denn sie berechtigen den Steuerpflichtigen nicht zum Erhalt eines künftigen wirtschaftlichen Nutzens aus der öffentlichen Einheit. [62]
Das steuerbare Ereignis kann in einem entsprechenden Steuergesetz geregelt werden. Üblicherweise gelten sonst folgende Zeitpunkt als steuerbare Ereignisse: [65]
Werden Abgaben vor Eintritt des steuerbaren Ereignisses eingehoben, so stellen sie erhaltene Anzahlungen dar und werden als Verpflichtungen erfasst. Sobald das steuerbare Ereignis eintritt, werden die Verpflichtungen aufgelöst und Erträge erfasst. [66]
Exkurs: Die quartalsweisen Vorauszahlungen von Körperschaftssteuern stellen nach dieser Definition dann keine Vorauszahlungen dar, wenn sie für das abgelaufene Quartal eingehoben werden. Werden diese jedoch für das künftige Quartal eingehoben, so sind dies Anzahlungen. Werden diese in der Mitte des Quartals für das laufende Quartal eingehoben, so sind dies erhaltene Anzahlungen bis zum Ablauf des Quartals und danach Erträge. Die Höhe der quartalsweisen Zahlungen können als Schätzwert beurteilt werden. Mit Abgabe der Steuererklärung muss der Wert korrigiert werden. Hierfür gelten die Regelungen nach IPSAS 3.
Statistische Bewertungsmodelle
Fallen das steuerbare Ereignis und die Zahlung der Abgaben zeitlich auseinander, so muss der Wert verlässlich ermittelt werden. Dies kann zB mittels statistischen Methoden erfolgen. [68] Die Bewertung von Forderungen und Erträgen aus Abgaben nach statistischen Methoden erfordert die Anpassung von Schätzungen nach IPSAS 3, sobald der abweichende tatsächliche Wert der Abgaben von der verlässlichen Schätzung festgestellt werden kann. [69]
Folgende Parameter sollen in einem Bewertungsmodell berücksichtigt werden: [68]
Ein statistisches Bewertungsmodell beruht auf Zeitreihen aus der Vergangenheit, welche sich auf Zahlungseingänge einer bestimmten Abgabenart beziehen. Zusätzlich werden Abhängigkeiten zu Zeitreihen anderer Parameter (zB Beschäftigung, BIP, Veränderungen in der Steuergesetzgebung, Zahlungseingänge anderer Abgabenarten) dargestellt. Die Entwicklung eines verlässlichen statistischen Modells zur Schätzung von Abgabenerträgen und Forderungen kann durchaus längere Zeit in Anspruch nehmen, bis der richtige Zeithorizont und tatsächliche Abhängigkeiten von anderen Parametern gefunden sind. Die Verlässlichkeit des Modells ist unabhängig von den Modellentwicklern zu überprüfen. IPSAS 23 gibt keine konkreten Beispiele für solche Bewertungsmodelle.
Solange der Wert nicht verlässlich ermittelt werden kann, werden Erträge und Forderungen aus Abgaben nicht erfasst. [31] Jedoch befreit diese Regelung die Einheit nicht davon, Bewertungsmodelle für Abgaben zu entwickeln, denn Abgaben sind letztlich zum Zeitpunkt des steuerbaren Ereignisses [59] zu erfassen und zu bewerten. Zum Zeitpunkt des steuerbaren Ereignisses geht die Kontrolle auf die steuereinhebende Einheit über. Für eine spätere Anpassung der Höhe gelten die Regelungen nach IPSAS 3.
Nach IPSAS 3 sind Schätzungen mit Ungewissheiten behaftet und beruhen auf zuletzt verfügbaren verlässlichen Informationen. Schätzungen werden beispielsweise vorgenommen für Erträge aus Abgaben, Wertberichtigungen für uneinbringliche Forderungen oder für den fair value (beizulegender Zeitwert) für Finanzinstrumente. [IPSAS 3: 37] Die Anwendung von Schätzungen ist ein wesentlicher Aspekt bei der Erstellung von Rechnungsabschlüssen und stellt keine Einschränkung in deren Verlässlichkeit dar. [IPSAS 3: 38]
Schätzungen werden gewöhnlich dann angepasst, wenn Umstände sich ändern, unter denen die Schätzung ursprünglich erfolgte, neue Informationen vorliegen oder mehr Erfahrung mit Schätzungen zu genaueren Schätzergebnissen führt. [IPSAS 3: 39]
Die Anpassung der Schätzung ist im Nettoergebnis der laufenden Periode zu erfassen. Einflüsse auf das Nettoergebnis künftiger Perioden sind in den jeweils künftigen Perioden zu erfassen. [IPSAS 3: 41] Der Einfluss der Anpassung der Schätzung auf Vermögenswerte und Verpflichtungen (passive Finanzinstrumente und Rückstellungen) ist in der laufenden Periode zu erfassen.
Im Unterschied zu den Veränderungen in der Bilanzpolitik werden hier keine Werte aus vergangenen Perioden miteinbezogen.
Abgaben und Erstattungen auf Abgaben sind brutto darzustellen. [73]
Transaktionen ohne Gegenleistung können Transfers anderer Länder bzw. Organisationen, Schenkungen, Spenden, Erbschaften, Sachspenden oder Spenden aus Dienstleistungen (services-in-kind) sein. Mit ihnen steht keine im Wert adäquate Gegenleistung direkt im Zusammenhang.
Als services-in-kind werden vor allem Volontärdienste zur Unterstützung des Gemeinwohls genannt. In Paragraph 98 werden services-in-kind ein Wahlrecht zur Aktivierung von solchen Dienstleistungen unterstellt. Grund dafür ist, dass der fair value schwer zu messen sein wird, da man solche Leistungen am Markt nicht findet und sie folglich sehr schwer bewerten kann.
Im Anhang sind folgende Angaben zu machen: [106]
Zusätzlich sind im Anhang [107]
Bei einer Anpassung der Schätzung sind im Anhang folgende Angaben zu machen:
[1] Issued December 2006, International Public Sector Accounting Standards Board, International Federation of Accountants, New York