ESVG 2010


Das Europäische System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung 2010 wird in der EU Verordnung Nr. 549/2013 geregelt. Es legt die Methodik und Fristen für gemeinsame Normen, Definitionen, Klassifikationen und Buchungsregeln fest. Das neue System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 2010) wird seit dem 1. September 2014 angewendet.

 

Unterschiede zum bisherigen System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung - ESVG 95

 

Anerkennung von Forschung und Entwicklung als Investition:

Forschungs- und Entwicklungsleistungen können hinkünftig als Investition erfasst werden, wenn diese zu geistigem Eigentum führen.

 

Anerkennung von Investitionen in militärische Waffensysteme

 

Abgrenzung von finanziellen Vermögenswerten zur stärkeren Berücksichtigung von Finanzderivaten:

Regelungen zu Finanzderivaten werden präzisiert, um eine einheitliche Handhabung bei der Abgrenzung von finanziellen Vermögenswerten zu gewährleisten.

 

Alterssicherungssysteme (Pensionen):

Es werden Schätzungen durch Zusatztabellen für alle Ansprüche aus Pensionen mit und ohne spezielle Deckungsmittel ermöglicht.

 

Allgemeine Gültigkeit der Regelung zum Eigentumswechsel:

Ausweitung der Regelungen zum Eigentumswechsel auf alle Bereiche und somit auch bei der Lohnveredelung

 

Stärkere Regelungen zu finanziellen Kapitalgesellschaften:

Es wird sicher gestellt, dass Verbindlichkeiten von Zweckgesellschaften im Ausland im Sektor Staat ausgewiesen werden.


Grundsätze zu öffentlich-privaten Partnerschaften und Behandlung von Umstrukturierungsagenturen


Transaktionen zwischen staatlichen und öffentlichen Kapitalgesellschaften und Transaktionen mit wertpapiermäßiger Unterlegung werden präzisiert. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf den Schuldenstand haben.


Regelungen zu Haftungen und Rückstellungen zu Risiken:

Das Risiko einer wahrscheinlichen Inanspruchnahme wird hinkünftig als Forderung und als Verbindlichkeit (Rückstellung) dargestellt. Hiervon sind standardisierte Kreditgarantien betroffen (zB. Exportkredite oder Studentenkredite).

 

 

Sektoren

  • Öffentlicher Sektor (staatlich kontrolliert)
    • Staat
    • Öffentliche Kapitalgesellschaften
  • Privater Sektor (privat kontrolliert)
    • Private Organisationen ohne Erwerbszweck
    • Private Kapitalgesellschaften

 

Sektor Staat:

  • alle staatlichen Einheiten und
  • nicht marktbestimmte Organisationen ohne Erwerbszweck, die von staatlichen Einheiten kontrolliert werden

 

 

Kontrolle:

  • Möglichkeit, die allgemeine Politik oder das Programm einer Organisation festzulegen
  • Öffentliche Interventionen in Form von allgemeinverbindlichen Verordnungen, die auf alle Einheiten anzuwenden sind, die in derselben Aktivität tätig sind, sind nicht maßgeblich bei der Entscheidung, ob der Staat die Kontrolle über eine individuelle Einheit ausübt. 

 

Um zu ermitteln, ob eine Organisation ohne Erwerbszweck vom Staat kontrolliert wird, sollten die folgenden fünf Kriterien berücksichtigt werden:

  1. die Ernennung leitender Angestellter,
  2. sonstige Bestimmungen der Rechtsgrundlage, zum Beispiel Verpflichtungen in der Satzung der Organisationen,
  3. vertragliche Vereinbarungen,
  4. Grad der Finanzierung durch den Staat/mit öffentlichen Mitteln,
  5. Risiko.

Die Kontrolle kann bereits bei Erfüllung eines einzigen Kriteriums gegeben sein!

 

Periodengerechte Zuordnung

  • Bruttolöhne, Geld- und Sachleistungen zum Zeitpunkt der Arbeitsleistung
  • Betriebspensionen zum Zeitpunkt der Arbeitsleistung
  • ausstehende Rechnungen zum Zeitpunkt der Lieferung
  • Zinsen, für jenes Jahr für welche diese anfallen

 

Stromgrößen

 

  • Stromgrößen betreffen Vorgänge und Auswirkungen von Ereignissen innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
  • Stromgrößen beschreiben das Entstehen, die Umwandlung, den Austausch, die Übertragung oder den Verzehr wirtschaftlicher Werte.
  • Sie ändern die Aktiva oder Passiva einer institutionellen Einheit.
  • Transaktionen kommen in allen Konten und Tabellen des ESVG vor, in denen Stromgrößen vorkommen. Hingegen kommen die sonstigen Vermögensänderungen nur im Konto für sonstige reale Vermögensänderungen und im Umbewertungskonto vor. 


Sonstige reale Vermögensänderungen können aus dem Entstehen bzw. Verschwinden von Aktiva ohne Transaktionsvorgänge, aus Veränderungen der Aktiva und Passiva aufgrund von außergewöhnlichen, unvorhersehbaren Ereignissen oder aus klassifikationsbedingten Neuzuordnungen entstehen. 

 

Umbewertungsgewinne und –verluste entstehen durch Veränderung der Preise von Aktiva und Passiva innerhalb einer Periode, ohne dass sich die Aktiva und Passiva mengenmäßig verändern (gleiche Menge, anderer Preis). Meist handelt es sich um Veränderung der Marktpreise, welche wiederum in

  • nominelle und
  • reale (in Relation zur allgemeinen Preisänderung)

Umbewertungsgewinne und –verluste unterteilt werden können. 

 

 

Bruttoanlageninvestitionen

  • Erfassung zum Zeitpunkt, zu dem die Anlage auf die Einheit übergeht, welche die Anlage hinkünftig nutzen wird
  • Veränderung im Wert von Bestandsgrößen werden im Umbewertungskonto dargestellt und haben keinen Einfluss auf den Finanzierungssaldo
  • Einseitige Wertberichtigungen haben keinen Einfluss auf den Finanzierungssaldo, weil die Konsistenz zwischen den Sektoren erforderlich ist.

​​Bestandsgrößen

  • Bestandsgrößen sind Stichtagsgrößen.
  • Sie werden am Anfang und am Ende jedes Rechenzeitraums in den als Vermögensbilanzen bezeichneten Konten ausgewiesen.
  • Bestandsgrößen werden auch über Durchschnittswerte über Bevölkerung und Erwerbstätige erfasst.
  • Zu den Bestandsgrößen zählen alle unter die Konzepte des ESVG  fallenden Aktiva bzw. Passiva.
  • Es werden jene Aktiva berücksichtigt, die wirtschaftlich verwendet werden und an denen ein Eigentumsrecht besteht (Humanvermögen wird nicht erfasst).
     

 

Konsistenz des Systems

  • Integriertes System von Strömungs- und Bestandskonten
  • International vergleichbar
  • Wirtschaftliche Konsistenz, wenn der rechtliche Anspruch abweicht
  • Vierfach Buchungssystem (Herkunft, Verwendung und beteiligte Sektoren)
  • Konsistenz zwischen den Sektoren

Doppelte/Vierfach Buchung im ESVG

Jede Transaktion ist zweimal zu buchen, zum einen auf der Aufkommensseite bzw. Veränderung der Passiva und zum anderen auf der Verwendungsseite bzw. Veränderung der Aktiva.


Beim ESVG gilt neben dem Prinzip der doppelten Buchführung das Prinzip der vierfachen Buchung. An den meisten Transaktionen sind zwei institutionelle Einheiten beteiligt. 

 

Linke Kontenseite

In den Konten für die laufenden Transaktionen wird die linke Kontoseite für alle Transaktionen verwendet (Verwendungsseite), welche für die Einheit einen Wertabfluss bewirkt.
In den Vermögensänderungsbilanzen wird die linke Kontoseite als Veränderung der Aktiva bezeichnet.

 

Rechte Kontenseite

In den Konten für die laufenden Transaktionen werden auf der rechten Kontenseite alle Transaktionen erfasst, welche zu einer Wertzunahme führen (Aufkommensseite).
In den Vermögensänderungsbilanzen wird die rechte Kontoseite als Veränderung der Passiva bezeichnet.

 

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© Dipl. oec. Anke Wittig