Budget/Voranschlag

 

IPSAS 24 –  Presentation of Budget Information in Financial Statements -
Darstellung von Budgetwerten in Rechnungsabschlüssen

 

1     Geltungsbereich

Der Hintergrund zur Darstellung von Budgetwerten in den Rechnungsabschlüssen ist, dass die meisten Regierungen ihr Budget als öffentlich, zugängliche Dokumente zur Verfügung stellen, um vor allem die Schwerpunktsetzungen im Regierungsprogramm für die nächste Periode bzw. nächsten Perioden in Werten auszudrücken.  IPSAS 1 - Darstellung des Rechnungsabschlusses – regelt die grundsätzliche Gegenüberstellung des veröffentlichten, genehmigten Budgets mit dem Rechnungsabschluss als Bestandteil des Rechnungsabschlusses.

IPSAS 1/24 verlangen, dass den öffentlich zugänglichen, genehmigten Budgets Rechnungsabschlusswerte gegenüberzustellen sind. IPSAS 1/24 regeln nicht, ob Budgets öffentlich zugänglich zu machen sind oder in welcher Weise (zB accrual oder cash basis, Detailierungsgrad, einbezogene Einheiten) diese zu erstellen sind. 

In IPSAS 24 werden Detailregelungen zur Gegenüberstellung des Rechnungsabschlusses und der Budgetwerte getroffen. Eine Anwendung des IPSAS 24 gilt für jene Einheiten, die hinsichtlich ihres genehmigten Budgets der Öffentlichkeit gegenüber auskunftspflichtig sind. [3] Für Einheiten, die ihr genehmigtes Budget nicht öffentlich bekannt geben, kommt IPSAS 24 nicht zur Anwendung. [5]

Budgets können sowohl für den Gesamthaushalt der öffentlichen Einheit als auch für Teilbereiche beschlossen werden. Zum Beispiel kann von einzelnen Agenturen oder Programmen des öffentlichen Sektors ein separates Budget verlangt werden. IPSAS 24 ist sowohl für ein regierungsübergreifendes Budget, als auch für einzelne Budgetkomponenten anzuwenden. [6] Dies gilt auch für solche Fälle, in denen nicht alle Finanzberichte Gegenstand des genehmigten Budgets sind (zB Budget für Ergebnisrechnung und Cash Flow Rechnung), nicht aber für Vermögen und Schulden und die Veränderung des Nettovermögens).

Definition: Ein Budget wird nach IPSAS 24 auf der Basis der erwarteten Erträge entsprechend der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung in einer Budgetperiode und auf Basis der durch die Legislative genehmigten Aufwendungen bzw. Auszahlungen (Investitionen) erstellt. Das Budget selbst wird von der Legislative oder einer anderen Autorität festgelegt. Im öffentlichen Sektor spricht man meist von einer festgelegten Ausgabenautorität, die zum Beispiel in einem Gesetz geregelt wird. Diese beschreibt ein gesetzliches Limit für eine Einheit, in der sie ihre Tätigkeiten durchführen muss. [8]

Ein Budget nach IPSAS 24 ist nicht vergleichbar mit voraussichtlichen Ergebnissen auf der Basis von künftigen Ereignissen oder möglichen Eingriffes des Managements. [8]

In jenen Fällen, in denen mit Beginn der Budget- und Rechnungsperiode noch kein genehmigtes Budget vorliegt, wird das erstmalig (wenn auch nach Beginn der Budgetperiode) für diese Budgetperiode genehmigte Budget als erstmalig genehmigtes Budget ausgewiesen. [10]

Ein endgültiges Budget ergibt sich nach IPSAS 24 aus genehmigten (durch die Legislative) Veränderungen des erstmalig genehmigten Budgets. Solche Änderungen beruhen beispielsweise auf zusätzlichen Ausgaben für Kriege oder Naturkatastrophen, geringeren Einkünften oder Verschiebungen durch Veränderungen politischer Schwerpunkte. [12, 30]

 

2     Ausweis

2.1   Darstellung von Budget- und Erfolgswerten

IPSAS 24 regelt die Gegenüberstellung der folgenden drei Werte in den Finanzberichten: [14]

  1. erstmalig genehmigte Budgetwerte (zB durch Parlament),
  2. endgültige Budgetwerte nach Umschichtungen bzw. anderen Veränderungen, welche nach der Genehmigung des ursprünglichen Budgets durchgeführt wurden und
  3. Erfolgswerte im Rechnungsabschluss.

Eine Darstellung vorangegangener Perioden wird in IPSAS 24 nicht verlangt. [52]

Zu den Finanzberichten (financial statements) zählen gemäß IPSAS 1 [21] die Ergebnisrechnung, die Darstellung von Vermögen und Schulden, die Darstellung der Veränderung im Nettovermögen, die Cash Flow Rechnung, die Gegenüberstellung von Rechnungsabschluss und genehmigten Budget und die Angaben im Anhang.

IPSAS 24 regelt die Gegenüberstellung dieser drei Werte in Spalten, wenn die Werte auf Basis gleicher Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsvorschriften ermittelt wurden. Dabei sind materielle/wesentliche Unterschiede zu erläutern. [21] Werden Budgetwerte nach anderen Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsvorschriften ermittelt als jene, die für den Rechnungsabschluss gelten, so sind die Werte in einer Überleitung darzustellen. [47]

Aggregationsebenen von Budget- und Erfolgswerten müssen so gewählt werden, dass Vergleiche möglich sind. [25] IPSAS 24 verlangt mit Hinweis auf die Regelungen des IPSAS 3 zusätzlich die Einhaltung allgemeiner Budget- und Rechnungslegungsvorschriften. Diese sind: [26]

  • Relevanz,
  • Verlässlichkeit in Bezug auf:
    • die getreue Darstellung der finanziellen Lage,
    • die Beurteilung der Geschäftsfälle nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt anstelle der bloßen rechtlichen Form,
    • die neutrale Darstellung frei von Fehlern und Verzerrungen,
    • Vorsicht bei Unsicherheiten; jedoch sind die Bildung verdeckter Reserven und Rücklagen dabei unzulässig (Werte werden dann angesetzt, wenn diese verlässlich ermittelbar sind) und
    • Vollständigkeit.

Veränderungen des erstmalig genehmigten Budgets hin zu den endgültigen Budgetwerten sind zu erläutern. Insbesondere sind Differenzen aus: [30]

  1. Umschichtungen innerhalb der Budgetgrenzen,
  2. Veränderung politischer Schwerpunkte,
  3. Naturkatastrophen oder
  4. andere unvorhersehbare Ereignisse

anzuführen.

 

Vergleichbare Basis

Budget- und Erfolgswerte sollen hinsichtlich des Budgets auf eine vergleichbare Basis gestellt werden.  Das heißt, dass die vergleichbare Basis immer der budgetären Basis entspricht, welche mittels periodengerechter Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen (accrual accounting), mittels Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben (cash accounting) oder  anderen Bemessungsgrundlagen ermittelt werden kann. [31]

In konsolidierten Abschlüssen werden auch die Abschlüsse von kontrollierten Einheiten oder Tätigkeiten miteinbezogen. Demzufolge kann es vorkommen, dass kontrollierte Einheiten ihre separaten Budgets hinsichtlich der Einhaltung ihrer Auskunftspflicht erstellt haben. Diese separaten Budgets werden für die Gegenüberstellung mit den konsolidierten Abschlüssen zusammengesetzt. Allerdings darf es durch die Zusammensetzung zu keinen Änderungen oder Überarbeitungen der einzelnen, genehmigten Budgets kommen. [33]

In manchen Ländern sind Budgets, egal ob die Erstellung mittels Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen oder Einnahmen und Ausgaben erfolgt, an so genannte statistische Berichtswesen (statistical reporting systems) gekoppelt. Das heißt, dass Einheiten und Tätigkeiten in einer anderen Weise erfasst werden, als dies in den Rechnungsabschlüssen der Fall ist. Zum Beispiel können im Budget die primären bzw. nicht auf einen Markt bezogenen Tätigkeiten des öffentlichen Sektors dargestellt werden. Im Gegensatz dazu werden in den Rechnungsabschlüssen alle Tätigkeiten des öffentlichen Sektors dargestellt, auch jene die im Zusammenhang mit der Wirtschaftstätigkeit stehen (ausführlicher beschrieben in IPSAS 22). [35]

 

Mehrjahresbudgets

Einige Regierungen und öffentliche Sektoren veröffentlichen so genannte Mehrjahresbudgets. Für diese bedarf es Regelungen für die Zuordnung des Rechnungsabschlusses zu den Budgetwerten. Zum Beispiel können bei einem so genannten Doppelbudget auch Vorträge für ungenützte Zuteilungen in einem Budgetjahr enthalten sein, die es dann gilt, in die nächste Budgetperiode zu übertragen. Dadurch kommt es bereits zu einer Änderung des ursprünglichen Budgets für die zweite Budgetperiode. Gibt es keine klare Zuteilung von Mehrjahresbudgets auf einzelne Budgetperioden, so werden weitere Beurteilungen hinsichtlich der Zuordnung der Werte zur entsprechenden Budgetperiode unerlässlich sein. Die weitere Vorgehensweise ist ebenfalls in den Abschlüssen offen zu legen. [38]

 

2.2  Angaben im Anhang

Im Anhang sind folgende Angaben zu machen: [39-46]

  • Beschreibung der budgetären Basis, das sind jene Regelungen auf deren Basis das Budget erstellt wurde; diese Offenlegung geht mit IPSAS 1 konform, die von Einheiten verlangt, dass Angaben über die Basis der Aufbereitung und über wesentliche Adaptierungen der Bilanzpolitik gemacht werden müssen. Grund für diese Angaben sind die bereits erwähnten, möglichen Unterschiede zwischen Darstellung der Budgets und Darstellung der Abschlüsse,
  • Budgetperiode (Budgetjahr, Mehrjahresperioden),
  • Überleitung der Budgetperiode in die Periode, für welche der Rechnungsabschlusses erstellt wird (Finanzjahr),
  • Angaben zu einbezogenen Budgeteinheiten,
  • Überleitung der Budgeteinheiten in einbezogenen Einheiten, welche im Rechnungsabschluss enthalten sind (Konsolidierungskreis),
  • Überleitung der Budgeteinheiten, wenn das Budget für den Sektor Staat erstellt wurde, der Rechnungsabschluss jedoch alle kontrollierten Einheiten enthält.

 

2.3  Überleitung bei abweichenden Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsregelungen zwischen Budget und Rechnungsabschluss

Ausgangslage sind die Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsregeln des Budgets. Nur für jene legislativ genehmigten Budgets, welche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, gelten die Regelungen nach IPSAS 24 zur Gegenüberstellung von genehmigten Budget- und Erfolgswerten. [47]

Erfolgt die Rechnungslegung auf den gleichen Grundlagen, wie die Budgeterstellung, so erfolgt die Darstellung des erstmalig genehmigten Budgets, des endgültig genehmigten Budgets und der Erfolgswerte in nebeneinander stehenden Spalten. Eine Überleitung ist nicht notwendig. Die Darstellung vorangegangener Perioden wird in IPSAS 24 nicht verlangt. [52]

Weichen jedoch die Regelungen hinsichtlich der Periode, der einbezogenen Einheiten, der Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsvorschriften voneinander ab, so ist der Rechnungsabschluss auf das Budget überzuleiten. Dabei sind sämtliche Unterschiede einzeln hinsichtlich der Periode, der einbezogenen Einheiten und der angewendeten Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsregeln darzustellen und auf die Budgetbasis überzuleiten. [48]

Die Überleitung kann am Anfang der Dokumente zum Budgetvergleich oder in den Erläuterungen erfolgen. [47]

 

IPSAS 18 –  Segment Reporting
Segment Berichterstattung

 

1     Allgemeine Abgrenzung

IPSAS 18 regelt – wie auch IPSAS 22 und 24 - zusätzliche Angaben zum Rechnungsabschluss und dient dem besseren Verständnis des konsolidierten Rechnungsabschlusses. Hiernach sollen Aufwendungen, Erträge, Vermögen und Schulden nach den wesentlichen Aktivitäten der öffentlichen Einheit in Segmente aufgegliedert werden. Allerdings folgt IPSAS 18 stark IAS 14 für Unternehmen und orientiert sich entsprechend am erreichten Segmenterfolg, der künftigen Segmentbudgetierung und einem Zielerreichungsszenario für das betreffende Management. Dennoch sind auch für öffentliche Einheiten einige nützliche Regelungen enthalten.

Eine vollständige Ergebnis- bzw. Vermögensrechnung ist nicht vorgesehen. IPSAS 18 geht davon aus, dass sich öffentliche Haushalte als Ganzes finanzieren. Eine Zuordnung der Finanzierungstätigkeit zu Segmenten erfolgt daher nicht, jedoch wird durchaus empfohlen, die Finanzierungstätigkeit der öffentlichen Einheit als einzelnes Segment darzustellen. Ohne die Zuordnung der Finanzierungstätigkeit zu Segmenten erübrigt sich auch die Cash-Flow Darstellung nach Segmenten.

 

2     Ausweis

Die Einteilung in Segmente wird extern auf konsolidierter Basis ausgewiesen. Dies gilt auch für öffentliche Einheiten, welche zusätzlich Einzelabschlüsse veröffentlichen. Die Unterteilung kann sowohl inhaltlich als auch geographisch erfolgen. Ein Segment ist eine abgrenzbare Gruppe von Aktivitäten, für welche es angemessen und sinnvoll erscheint, separate Informationen der Rechnungslegung bereitzustellen, um a) erreichte Ergebnisse und Ziele zu messen und b) die künftige Bereitstellung von Ressourcen zu bestimmen. Bei der Einteilung in Segmente sollen folgende Aspekte Berücksichtigung finden:

  • Segmente sollen die Erwartungen der Öffentlichkeit bezüglich von Schlüsselaktivitäten der öffentlichen Hand widerspiegeln.
  • Segmente nach Regionen sind ebenfalls möglich, jedoch nur dann sinnvoll, wenn regionale Unterschiede zu erwarten sind, (was bei öffentlichen Haushalten in Europa eher weniger zu erwarten ist, als dies beispielsweise in Afrika oder Asien der Fall sein könnte); geografische Regionen bzw. Regionen mit unterschiedlichen sozialökonomischen Charakteristika
  • Segmente sollen Leistungsziele enthalten und Grundlage für die Budgetierung sein.
  • für Segmente gelten die Grundsätze entsprechend IPSAS 1:

Es wird unterschieden zwischen Positionen, welche den Segmenten direkt zugeordnet werden und welche über einen geeigneten Verteilungsschlüssel den Segmenten zugerechnet werden. Verteilungsschlüssel finden nur insofern und nur sehr eingeschränkt Anwendung, als diese auch von fremden Dritten sinnvoll beurteilt werden können.

Segment-Erträge sind Erträge, welche direkt durch die Leistungen des Segmentes erbracht werden oder diesem Segment sinnvollerweise anteilig zugeordnet werden. Nicht dazu gehören Zinsen, Dividenden, Erträge aus dem Verkauf oder der Erfüllung aktiven und passiven Finanzinstrumenten und anteilige Gewinne aus at-Equity Beteiligungen. Erträge aus Finanzinstrumenten sollen nach Möglichkeit in einem eigenen Segment dargestellt werden.

Segment-Aufwendungen sind operative Aufwendungen aus der Verwaltungstätigkeit des Segmentes oder Aufwendungen, die diesem Segment sinnvollerweise zugeordnet werden können. Nicht dazu gehören Zinsen, Verluste aus dem Verkauf oder der Erfüllung aktiven und passiven Finanzinstrumenten, anteilige Verluste aus at-Equity Beteiligungen, Ertragssteuern sowie jegliche, allgemeine Verwaltungskosten.

Segment-Vermögen sind Vermögenswerte, die zur Leistungserbringung eines Segmentes benötigt werden oder diesem Segment sinnvollerweise anteilig zugeordnet werden. Gemeinsam genutztes Vermögen wird nur dann zwischen mehreren Segmenten aufgeteilt, wenn auch die zugehörigen Aufwendungen und Erträge diesen Segmenten zugeordnet werden können. Werden bestimmte Vermögenswerte oder Schulden einem Segment zugeordnet, müssen auch die zugehörigen Erträge und Aufwendungen diesem Segment zugeordnet werden. Dies betrifft z.B. die Abschreibung auf zugeordnetes Anlagevermögen, Dividenden aus dem Segment zugeordneten Beteiligungen oder die Zuführung/Auflösung zu bestimmten Rückstellungen. Nicht dazu gehören Forderungen aus Ertragssteuern.

Segment Schulden sind Verbindlichkeiten, die direkt aus der Leistungserbringung eines Segmentes entstehen oder diesem Segment sinnvollerweise anteilig zugeordnet werden. Nicht dazu gehören Verbindlichkeiten aus Ertragssteuern.

Es ist eine Überleitung von der Darstellung einzelner Segmente zu den Positionen im konsolidierten Abschluss herzustellen. Transaktionen zwischen den Segmenten sind als solche auszuweisen und in der Überleitung zur konsolidierten Darstellung zu eliminieren. Nicht einem Segment zugeordnet werden generell:

  • Transaktionen im Zusammenhang mit Finanzierungstätigkeiten der öffentlichen Hand, also keine Zinsen, Dividenden, es sei denn das Segment beinhaltet generell Finanzierungstätigkeiten,
  • Einkommensteuern,
  • Verwaltungsgemeinkosten, Management fees, Kosten von Zentralstellen oder Head offices,

Diese Positionen werden in der Überleitung zum konsolidierten Abschluss als keinem Segment zugewiesene Positionen dargestellt.

Im Anhang sind auszuweisen:

  • Beschreibung der Segment-Leistungen/Regionen
  • Leistungsziele und Zielerreichung je Segment
  • Erträge und Aufwendungen für jedes Segment; dabei sind externe, interne und aliquot zugeordnete Erträge und Aufwendungen sowie solche mit anderen Segmenten jeweils gesondert darzustellen
  • Gesamtsumme an Segment-Vermögen
  • Gesamtsumme an Segment-Schulden
  • Im Finanzjahr geleistetes Investitionsvolumen in Segment-Vermögen

 

IPSAS 22 –  Disclosure of Financial Information about the General Government Sector
Angaben zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 

1     Allgemeine Abgrenzung

IPSAS 22 räumt ein Wahlrecht zur Ergänzung eines vollkonsolidierten Rechnungsabschlusses nach IPSAS 35 um statistische Angaben ein. Ein Wahlrecht wurde deswegen eingeräumt, weil der Normgeber vom zusätzlichen Nutzen solcher Angaben, dem wahrscheinlich ein recht großer Aufwand gegenübersteht, nicht überzeugt ist. Dies trifft vor allem auf jene IPSAS Anwenderinnen zu, die bereits umfangreiche statistische Angaben erstellen und veröffentlichen.  Durchaus überzeugt zeigt sich der Normgeber jedoch vom zusätzlichen Informationsgehalt über den Einfluss hoheitlicher bzw. marktwirtschaftlicher Tätigkeiten auf Vermögen, Schulden, Erträge und Aufwendungen einer öffentlichen Einheit. IPSAS 22 erläutert bei Ausübung des Wahlrechtes, den Zusammenhang zwischen dem vollkonsolidierten Rechnungsabschluss nach IPSAS 35 und dem Rechnungsabschluss des Sektors Staat und regelt daher eine mögliche Überleitung aus dem vollkonsolidierten Abschluss zu den statistischen Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für den Sektor Staat (im Anhang).

IPSAS 35 regelt einen vollkonsolidierten Abschluss (line-by-line) für sämtliche kontrollierte Einheiten, unabhängig davon, ob diese hoheitlich oder marktorientiert tätig sind. Statistische Angaben werden nach dem System of National Accounts (SNA) der UNO oder nach dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) dargestellt. Zur Aufbereitung der statistischen Daten wird die gesamte Volkswirtschaft eines Staates in Sektoren und in institutionelle Einheiten unterteilt. Die fünf Sektoren setzen sich aus den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, aus den finanziellen Kapitalgesellschaften, aus dem Sektor Staat, aus dem Sektor private Haushalte und aus dem Sektor private Organisationen ohne Erwerbszweck zusammen.

Im vollkonsolidierten Abschluss nach IPSAS 35 erhält man einen Überblick über das gesamte kontrollierte Vermögen und über angehäufte Schulden einer öffentlichen Einheit, sowie die Aufwendungen der Dienstleistungen des Staates, welche durch Erträge aus Abgaben oder anderen Erträgen finanziert werden sollen. Die Vollkonsolidierung bezieht sich dabei ausschließlich auf kontrollierte Einheiten eines Staates.

Der Sektor Staat (General Governmental Sector – GGS) umfasst alle öffentlich kontrollierten Einrichtungen (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsfonds), welche im hoheitlichen Bereich tätig sind und nicht primär am Markt interagieren bzw. tätig werden. Anders ausgedrückt, statistische Angaben zum Sektor Staat betreffen ausschließlich die hoheitlichen nicht aber eventuelle Finanzierungsaktivitäten oder gewerbemäßige Aktivitäten des öffentlichen Bereichs. Es werden daher folgende öffentliche Aktivitäten abgegrenzt:

  • öffentliche finanzielle Kapitalgesellschaften (Public Financial Corporations – PFO), welche dem Sektor der finanziellen Kapitalgesellschaften zugerechnet werden, und
  • öffentliche nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften (Public Non-Financial Corporations – PFNO), welche dem Sektor der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften zugerechnet werden.

Abzugrenzen ist IPSAS 22 von IPSAS 18 – Berichterstattung nach Segmenten, da sich Segmente auf die gewerbemäßigen Aktivitäten der Einheit verteilen und sich nicht nach gewerbemäßigen und nicht gewerbemäßigen Aktivitäten unterscheiden lassen. Berichterstattung nach Segmenten ist aber unerlässlich, da sich mit Hilfe von Segmenten die Zielerreichung der ausgewiesenen Aktivitäten (zum Beispiele Gesundheitsbereich, Bildung usw.) darstellen lassen. 

 

2     Ausweis

2.1 Gegenüberstellung IPSAS und statistische Angaben

IPSAS regelt entscheidungsrelevante Informationen zu kontrollierten Ressourcen und deren Verwendung, das ESVG hingegen zu Fiskalpolitik eines Staates. Es existieren folgende Unterschiede in Ausweis und Bewertung zwischen den statistischen Angaben, im speziellem dem ESVG und der Rechnungslegung nach IPSAS:

  • Vermögens- und Schulden sind im ESVG zu Marktwerten zu bewerten - IPSAS lässt hingegen alternative Bewertungsmöglichkeiten zu
  • Dividenden sind Aufwand nach dem ESVG, hingegen in IPSAS Verwendung des Nettovermögens
  • eine Trennung der öffentlichen finanziellen Kapitalgesellschaften und der öffentlichen nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften von den hoheitlichen Einrichtungen ist nach dem ESVG erforderlich

Die Trennung der öffentlichen finanziellen Kapitalgesellschaften und der öffentlichen nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften vom Sektor Staat, hat aufgrund der folgenden Definitionen des ESVG zu erfolgen:

  • Kapitalgesellschaften besitzen eine eigene Rechtsform und wurden aus Gründen der Güterproduktion oder zur Dienstleistungserbringung für den Markt gegründet.
  • Quasi-Kapitalgesellschaften dienen ebenfalls zur Güterproduktion oder zur Dienstleistungserbringung am Markt. Hingegen besitzen sie keine eigene Rechtsform und können auch als Kapitalgesellschaften mit besonderem Status, welches ihnen eine Rechtspersönlichkeit verleiht bezeichnet werden.

Es sind daher auch alle öffentlichen Einheiten, egal ob diese eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen oder nicht, zu prüfen, ob diese dem Sektor Staat angehören oder dem Sektor finanzielle bzw. nicht finanzielle Kapitalgesellschaften aufgrund ihrer Finanzierungsaktivitäten oder gewerbsmäßigen Aktivitäten zugeordnet werden.

Um diese Überprüfung konkret durchführen zu können, wurden die statistischen Angaben um die Definitionen Marktproduzent und Nichtmarktproduzent ergänzt.

  • Marktproduzenten sind Produzenten, die ihre Produktion zu wirtschaftlich signifikanten Preisen verkaufen. Marktproduzenten sind demnach den Sektor finanzielle Kapitalgesellschaften bzw. nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften zuzuordnen.
  • Nichtmarktproduzenten sind Produzenten, die Dritten den größten Teil ihrer Produktion kostenlos oder zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen zur Verfügung stellen. Öffentliche Einrichtungen, welche Nichtmarktproduzenten sind verbleiben im Sektor Staat.

Die Unterscheidung zwischen Markt- und Nichtmarktproduzenten erfolgt anhand des Kriteriums des wirtschaftlich signifikanten Preises. Die Umsetzung des Kriteriums des wirtschaftlichen signifikanten Preises erfolgt anhand des 50%-Kriteriums. Anders ausgedrückt es muss überprüft werden, ob die Produktionskosten zu mehr als 50 % durch Umsätze gedeckt werden.

Trotz der unterschiedlichen Zielsetzungen und der Unterscheide in Ausweis und Bewertung von IPSAS und den statistischen Angaben, finden sich Gemeinsamkeiten besonders in der Behandlung von Transaktionen und Ereignissen. Besonders der gemeinsame Grundsatz der Periodenreinheit (accrual basis of accounting) ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Auch eine ähnliche Berichtsstruktur (Vermögensrechnung nach IPSAS bzw. Vermögensbilanz nach ESVG) wird von beiden gefordert.

 

2.2 Ausweis der statistischen Angaben in IPSAS Abschlüssen

Der Ausweis von statistischen Angaben in den IPSAS Rechnungsabschlüssen stellt ein Wahlrecht dar. Die statistischen Angaben sollen hinsichtlich der Ressourcenverteilung des Sektor Staats auf seine Dienstleistungsaktivitäten inklusive ihrer wirtschaftlichen Leistung und der Beziehung zwischen dem Sektor Staat und dem Sektor der Kapitalgesellschaften ein besseres Verständnis in den IPSAS Abschlüssen liefern. Aus diesem Grund müssen nach IPSAS 22 besonders qualitative Aspekte, wie Verständlichkeit, Wesentlichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit, der statistischen Angaben gewährleistet sein, um diese auch offen legen zu dürfen.

Für die Offenlegung der finanziellen Informationen aus den statistischen Angaben können vollkonsolidierte Abschlüsse nach IPSAS 35 – konsolidierte Abschlüsse – nicht direkt /unverändert herangezogen werden. Grund dafür ist die Zuordnung von öffentlichen Einheiten auf die Sektoren finanzielle und nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften. In IPSAS 6 werden öffentliche Einheiten aufgrund der Kontrollausübung des Staats konsolidiert (line-by-line). In den statistischen Angaben gehören womöglich genau diese Einheiten nicht zum Sektor Staat (wenn sie Finanzierungsaktivitäten oder gewerbemäßige Aktivitäten (Marktproduzenten) ausführen). Daher kommt es zu einer Aufsplittung des Konsolidierungskreises nach IPSAS 35, um den Sektor Staat sowie die öffentlichen finanziellen wie auch nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften abzugrenzen.

Im Sektor Staat sollen die Beteiligungen bzw. Kapitalanlagen an den öffentlichen finanziellen Kapitalgesellschaften und den öffentlichen nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften als Vermögenswert dargestellt werden. Die Höhe des Vermögenswerts entspricht dem Buchwert des Nettovermögens der Beteiligungen bzw. Kapitalanlagen.

Zur Ermittlung des Nettovermögens ist das Vermögen den Schulden der jeweiligen öffentlichen Einheit gegenüberzustellen. Die Erfassung von Vermögen und Schulden erfolgt in Übereinstimmung mit den bereits konsolidierten Abschlüssen nach IPSAS. Die statistischen Angaben erfordern jedoch eine Neubewertung aller Vermögenswerte und Schulden, außer Darlehen (werden in den statistischen Angaben nicht erfasst), zum Marktpreis am Bilanzstichtag. IPSAS hingegen lässt differenzierte Bewertungsmethoden für spezielle Klassen von Vermögen und Schulden zu, wie zum Beispiel Sachanlagevermögen zu den fortgeführten Anschaffungskosten. Daher können sich auch Vermögenswerte aus IPSAS von jenen aus den statistischen Angaben unterscheiden.

Es ist zu beachten, dass in den statistischen Angaben Transaktionen zwischen den Sektoren nicht eliminiert werden sollen, da eine eventuelle Eliminierung von Forderungen und Verbindlichkeiten von verbundenen Einheiten aus volkswirtschaftlicher Sicht die Gläubigerseite verzerrt. Innerhalb des Sektor Staats sind aber Eliminierungen, auch entsprechend IPSAS 35, vorzunehmen.

Eine weitere Splittung der Konsolidierung nach IPSAS 35 hat zu erfolgen, wenn mehrere Ebenen von konsolidierten Abschlüssen erstellt werden. Zum Beispiel werden konsolidierte Zwischenabschlüsse für wichtige Bereiche des Staats - wie Infrastruktur oder Gesundheitswesen - erstellt. Hier werden sinnvollerweise entsprechende statistischen Angaben auch für diese Ebenen angeführt, um ein besseres Verständnis für die Adressaten zu erreichen.

 

3     Angaben im Anhang

Die Klassifizierung der Hauptklassen entspricht der Vermögensrechnung, der Ergebnisrechnung, der Veränderung im Nettovermögen, der Geldflussrechnung, den Bilanzierungs- und Bewertungsangaben und dem Anhang nach IPSAS 1

Die Angaben des Sektors Staats sind ein Wahlrecht und daher lässt auch IPSAS 22 ein Wahlrecht hinsichtlich der Offenlegung zu. Es ist neben der Angabe im Anhang auch möglich direkt in den IPSAS Abschlüssen eine zusätzliche Spalte mit statistischen Angaben einzuziehen.

Im Anhang sind bei Anwendung von IPSAS 22 folgende Angaben bezüglich des Sektors Staat offen zu legen [35]:

  • Vermögen, eingeteilt in Hauptklassen und ein separater Ausweis der Beteiligungen bzw. Kapitalanlagen in anderen Sektoren,
  • Schulden, eingeteilt in Hauptklassen,
  • das Nettovermögen bzw. die Eigenmittel,
  • die gesamten Neubewertungen (Zunahmen und Abnahmen), die direkt im Nettovermögen bzw. den Eigenmitteln erfasst wurden,
  • Erträge, eingeteilt in Hauptklassen,
  • Aufwendungen, eingeteilt in Hauptklassen,
  • der Nettoaufwand,
  • der Geldfluss aus operativer Tätigkeit, eingeteilt in Hauptklassen,
  • der Geldfluss aus Investitionstätigkeit, eingeteilt in Hauptklassen und
  • der Geldfluss aus Finanzierungstätigkeit, eingeteilt in Hauptklassen.
  • alle wesentlichen kontrollierten Einheiten des Sektor Staat, einschließlich Veränderungen zu Vorjahren

Der Ausweis der Aufwendungen kann entweder nach seiner Art oder nach seiner Funktion im Sektor Staat gegliedert werden. Zusätzliche Angaben im Anhang, welche für ein besseres Verständnis des Adressaten notwendig sind, sind anzugeben.

Um die Abstimmung mit den konsolidierten Abschlüssen nach IPSAS besser nachvollziehen zu können, sollen auch die Adaptierungen der einzelnen Positionen separat beigelegt werden, wie die Höhe der Adaptierungen bezüglich der Beteiligungen bzw. Kapitalanlagen des Sektors Staat an den Sektoren finanzielle und nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften oder wie die Adaptierung der Dividenden.

Der Anhang der statistischen Angaben muss hingegen nicht mit jenem der IPSAS Abschlüsse abgestimmt werden, da die Kosten den Nutzen nicht rechtfertigen würden.

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© Dipl. oec. Anke Wittig